Kreisläufe
Das Prinzip der Schwingung ist die wichtigste Grundlage der Systemtheorie - und auch der klassischen Elementelehre - und liegt allen meinen Tätigkeiten zugrunde: von der Musik über Beratung und Coaching bis zum Mentaltraining. Alle Prozesse der Natur - und da gehört auch der Mensch dazu - verlaufen in Kreisläufen: Das Schlafen wird zum Wachen und wieder zum Schlafen, der Sommer wird zum Winter und wieder zum Sommer und so weiter. Abstrahiert man das Prinzip, kann man sagen: Ein Maximum wird zu einem Minimum und wieder zu einem Maximum und immer so weiter.
Zirkularität
Zirkel bedeutet Kreis (lat. circulus = Kreis), und der Begriff Zirkularität benennt genau das Prinzip der Schwingung: Es geht rundherum, auf und ab, hin und her in einer unaufhörlichen Kreisbewegung. Dieses Prinzip zu kennen und zu beachten bedeutet, im Rhythmus der Natur zu operieren. Bewerbe ich mich für eine neue Stelle, so muss ich aktiv sein, indem ich meine Bewerbungsunterlagen erstelle und verschicke (Maximum des Tätigseins), danach muss ich mich aber gedulden und nichts tun (Minimum des Tätigseins), bevor die nächste Aktivitätsphase kommt. Frage ich nach zwei Tagen schon nach, ob ich die Stelle bekomme, so ist das ein unangemessenes Maximum, das heisst, ein Maximum in einer Phase, in der ein Minimum angesagt wäre. Der Kreislauf wird so gebrochen - das Prinzip der Zirkularität wird verletzt - und der Ablauf der Dinge wird dadurch behindert oder sogar zerstört.
Sympathie und Resonanz
Sympathie (gr. sympathein = mitleiden, mitfühlen) und Resonanz (lat. resonare = widerhallen) entstehen, wenn zwei (oder mehr) verschiedene Kreisläufe sich aneinanderkoppeln und so aufeinander einwirken. Dies geschieht rein technisch, wenn die Klaviersaite den ganzen Flügel in Schwingung versetzt, und dieser wiederum den ganzen Konzertsaal. Dies geschieht aber auch geistig, wenn zwei Menschen "auf der gleichen Wellenlänge" sind - eine Welle ist ja nichts anderes als eine Schwingung.
Nicht nur Klaviersaiten und Menschen können in Resonanz gehen, auch Unternehmen und Organisationen. Dieser einfache Grundgedanke bietet viel Potenzial für nützliche Analysen: Bin ich in Resonanz mit meinem Arbeitgeber? Ist unser Unternehmen in Resonanz mit unseren Kunden? Ist die Resonanz zu einem alten Projekt, das ein Misserfolg war, noch aktiv? Womit möchte ich / möchten wir jetzt und in Zukunft in Resonanz sein?
Superposition
Schwingungen können aneinander vorbei laufen, ohne sich gegenseitig zu beeinflussen - in der Physik wird dieses Phänomen als Superposition (lat. super = über; lat. positio = Lage) bezeichnet. Ein anschauliches Beispiel dafür liefern die Wellen auf einem See: Kreuzen sich die Fahrtlinien zweier Schiffe, so laufen die Bugwellen der Schiffe übereinander hinweg - und keine der beiden Wellen ändert deswegen ihre Richtung oder ihre Stärke (der technische Begriff für die Stärke ist "Amplitude").
Der Wischiwaschi-Spruch, dass alles mit allem irgendwie zusammenhängen tut, ist damit schnell vom Tisch: Auch Gedanken und Emotionen, sowohl von Menschen als auch von Organisationen, können aneinander vorbei laufen ohne sich gegenseitig zu beeinflussen. Es entspricht schon meinem Weltbild, dass auf einer transzendenten geistigen Ebene alle Dinge in einer Beziehung zueinander stehen - aber wer materielle Augen hat um diese Zeilen lesen zu können hat sicher auch materielle Füsse, und die gehören auf den Boden. Und mit dem Boden ist es halt so: Entweder ich stehe auf dem Küchenboden oder ich stehe auf dem Wohnzimmerboden, und meine Küche und mein Wohnzimmer können so viele hochgeistige Zusammenhänge haben wie sie wollen - ich bin entweder in der Küche oder im Wohnzimmer, und nicht beides gleichzeitig.
Modulation
In der Physik bezeichnet Modulation den Umstand, dass eine Schwingung eine andere Schwingung verändert. Die daraus resultierende Schwingung setzt sich aus den beiden ursprünglichen Schwingungen zusammen und hat damit eine Form, die weder die eine noch die andere Schwingung für sich alleine hatte. Der Begriff der Modulation liefert anschauliche Bilder für die Zusammenhänge in Organisationen - nicht nur was das Zusammenwirken von Menschen betrifft (Gedanken und Emotionen, die sich gegenseitig beeinflussen), sondern auch wenn es um betriebliche Abläufe und Organisationsstrukturen geht.
Auch in der menschlichen Kommunikation spielen Modulationen eine wichtige Rolle. Schon Kindern bringen wir den Unterschied bei zwischen "Du kaufst mir das jetzt sofort" und "Ich möchte das gerne" - der Ton macht die Musik (!).
"Modulation" gibt es auch als Fachbegriff in der Musik - er bezeichnet den Wechsel der Tonart: Eine Klanglandschaft wird verlassen, eine neue wird erreicht. Hier ist es der jeweilige Grundton, der die Farbe der Melodien verändert.
Interaktionszirkel
Habe ich als Kind gelernt, dass ich bekomme, was ich will, wenn ich mich als trauriges Opfer der Umstände darstelle, so entspricht das einem Interaktionszirkel, der in meiner Persönlichkeit installiert ist, und den ich durch meine Kommunikation reaktiviere. Ich stelle mich als Opfer der Umstände dar, bekomme so, was ich will, sehe den Erfolg meiner Taktik und stelle mich bei der nächsten Gelegenheit wieder als Opfer der Umstände dar. Was für einen Fünfjährigen gut funktionieren kann, kann später ein Problem darstellen: Meine Opferdarstellung hat nicht mehr den gewünschten Effekt. Es gilt nun den alten, nicht mehr brauchbaren Zirkel zu verlassen und einen neuen zu installieren. Dieser Installationsvorgang kann unbewusst und automatisch vor sich gehen, es kann aber auch nötig sein, sich aktiv darum zu kümmern.
Unerwünschte Zirkel finden sich nicht nur im Privatleben ("Ich gerate immer an den gleichen Typ Mann"), sondern auch in Unternehmen ("Die Kunden in der Region xy machen nur Probleme"). Diesen unerwünschten Zirkeln muss man nicht einfach ausgeliefert sein - was installiert werden konnte, kann auch abmontiert werden.
Überall wo mehrere Menschen zusammen in einem Kontext stehen, existieren unzählige Interaktionszirkel - manche unsichtbar, manche offensichtlich. Zieht die Familie des Klassenclowns weg, bleibt die Schulklasse nicht lange ohne Clown - der Zirkel wurde installiert und will ausagiert werden. Schon bald rückt einer der Schüler nach - er wird nicht die gleiche Clownqualität erreichen wie sein Vorgänger, aber er wird die Scherzkeks-Position ausfüllen. Fehlt in einem Arbeitsteam jemand längere Zeit wegen Krankheit oder Unfall, und kaum ist derjenige zurück, fehlt jemand anders, und ist dieser wieder da, fehlt wieder jemand anders, so dass ständig jemand krank ist oder Unfall hat, so haben wir es auch hier mit einem Zirkel zu tun: Die Teamstruktur provoziert eine Personallücke, und jede neu entstehende Lücke festigt genau diese Teamstruktur.
In vielen Beratungen und Coachings ist deshalb die Unterbrechung von Interaktionszirkeln einer der wichtigsten Vorgänge: Unerwünschte Zirkel werden unterbrochen und damit abmontiert, neue Zirkel werden installiert und gefestigt. Das ist einer derjenigen Eingriffe, die man kaum alleine hinkriegt - so wie das Auge alles sieht, nur sich selber nicht, so nimmt auch der Mensch sein Verhalten wahr, nur die Zirkel nicht, an denen er selber aktiv beteiligt ist.